DIE KUNST DES AUSMISTENS

Gehören Sie zu den Leuten, die ihre Wohnung mit „Zeug“ vollgestopft haben und auch ein wenig unordentlich sind? Dann lohnt es, eine Entrümpelungsaktion ins Auge zu fassen. Sie werden damit nicht nur überflüssige Sachen los, sondern auch seelischen Müll.

Zugegeben, ich bin schlampig. Aber es ist unfreundlich, mich gleich als Chaotin zu bezeichnen, nur weil es Zeiten in meinem Leben gab, in denen ich von der Eingangstür in das Innere der Wohnung eine Schaufel benötigte – und Grundkenntnisse im Spitzentanz. Eine meiner Freundinnen (Sternzeichen Jungfrau!) will in einem Ausnahmefall sogar Essensreste geortet haben, die angeblich schon lebten.

Das ist auf jeden Fall eine Unterstellung. Die Frau zerlegt beim Putzen nämlich Abflussrohre, um sie innen zu reinigen. Folglich hat sie auch sonst eine übertriebene Sichtweise und kann keinesfalls objektive Berichte über den Zustand meiner Heimstatt abgeben. Aber um ehrlich zu sein – ich hatte einfach zu viel Klump. Tausende Zeitungsausschnitte mischten sich mit farblich ausrangierten Lippenstiften und zu enge Jeans mit Andenken aus dem Jahre Schnee. Fotos von irgendwelchen Ferienbekanntschaften fristeten ein ebenso sinnloses Dasein wie Liebesbriefe von Edi. (Wer zum Teufel war das?) Und vermeintlich unentbehrliche Bücher aus mehreren Jahrzehnten stapelten sich wild an diversen Plätzen. So war das noch vor kurzem, aber jetzt ist alles anders. Nach einer Fengshui Beratung, in der mir mitgeteilt wurde, was das Stapeln von Gerümpel Seele und Körper antut, fegte ich wie ein Wirbelwind bis in die letzte Ecke. Na ja fast.

Die Wiener Architektin und Fengshui Expertin DI Claudia Fahrnik, die den Besuch bei mir überlebt hat: „Die meisten Menschen haben keine Ahnung, wie sehr sie von ihrer Art zu wohnen beeinflusst werden. Und die direkte Umgebung spiegelt auch den momentanen seelischen Zustand wider. „Gerümpel“ ist wie ein zentnerschwerer Rucksack, der Sie nur mühsam in die Zukunft gehen lässt. Vor lauter Ballast verlieren Sie den Blick für das Wesentliche und werden unflexible und behäbig.“ Gehen Sie einmal durch Ihr Zuhause und fragen Sie: „Gefällt mir wirklich, was ich da sehe? Was fühle ich, wenn ich meine Sachen betrachte?“

Karen Kingston schreibt in ihrem Buch „Fengshui – gegen das Gerümpel des Alltags“: “ Zeug und Unordnung sind Hindernisse im Energiefluss. Wenn das Leben gut laufen soll, muss die Lebensenergie in Ihrem Zuhause frei fließen. Wer also Ordnung in seine äußere Welt bringt, wird freudig überrascht bald auch Veränderungen in seinem Inneren bemerken.“

Was ist sogenanntes Gerümpel? Alles, was Sie nicht wirklich brauchen, Sachen zu denen Sie keine positive Beziehung haben und Gegenstände, die defekt sind (kaputte Geräte, gesprungene Scheiben, …) Welche Auswirkungen kann es haben, wenn Ihre Wohnung so zugepflastert ist, dass sie nahezu nicht atmen kann? Claudia Fahrnik: “ Denken Sie daran: Müll zieht Müll an. Was für eine Wertigkeit gestehen Sie sich selbst zu, wenn der zur Verfügung stehende Platz komplett verstellt ist? Ihre Gedanken sind dann hauptsächlich mit Vergangenem beschäftigt und Sie haben das Gefühl in Ihren Problemen regelrecht festzustecken.“

Oft sind Depression, ständige Müdigkeit und Lethargie die Folge. Klaren Kingston beschreibt auch einen Zusammenhang zwischen Krempel und Übergewicht: “ Körperfett und zu viel Zeug sind eine Art Selbstschutz. Wenn Sie überflüssige Dinge loslassen können, verlieren Sie gleichzeitig Ihren Speck.“ Gerümpelsammler neigen auch zu emotionalem Übergewicht. Machen Sie sich ständig Sorgen, erzeugen Dramen oder fabrizieren aus jeder Mücke einen Elefanten? Wenn Sie ausmisten, werden Sie auch in dem Bereich „leichter“. Weitere Folge einer übervollen Wohnung ist die Neigung ihres Besitzers Entscheidungen hinauszuzögern und das Gefühl von Panik, wenn jemand zu Besuch kommt.

Wie wahr, wie wahr. Schließlich macht Gerümpel auch chaotisch. Mein Spruch war immer: “ Was soll`s – nur das Genie beherrscht das Chaos“. Trotzdem empfand ich heftigen Neid auf jene Leute, die Pass, Meldezettel und ähnliches mit einem Griff zur Verfügung hatten.

Warum horten manche Menschen so viel Gerümpel, dass sie fast daran ersticken? Karen Kingston: “ Dahinter stecken starkes Sicherheitsdenken und mangelndes Vertrauen in die Zukunft. Wir behalten Dinge, um sie „für alle Fälle“ zu Verfügung zu haben. Wahre Sicherheit kommt aber aus einer spirituellen Quelle und nicht aus dem Anhäufen von Gegenständen. Sie entsteht aus der inneren Gewissheit, dass wir immer das zur Verfügung haben, was wir wirklich brauchen.“ Manchmal werden auch sentimentale Sachen wie Liebesbriefe aufbewahrt, um den eigenen Wert immer wieder zu bestätigen: „Jemand hat mir einmal so etwas geschrieben, also muss ich toll sein.“

Krempelitis kann über Generationen vererbt sein. Aber auch wenn Sie familiär vorbelastet sind, zwingt Sie niemand in diesem alten Muster zu bleiben. Schließlich existiert noch die „Mehr-ist- besser- Mentalität“. Wir fühlen uns wichtiger, sicherer, und stärker, wenn wir viel von allem haben. Claudia Fahrnik: “ Menschen hängen an Ihrem Gerümpel, weil sie Angst haben loszulassen. Sie befürchten einen Fehler zu begehen, wenn sie etwas wegwerfen und somit irgendwie verletzlicher und ungeschützter zu sein. Aber denken Sie immer daran: Das Leben ändert sich ständig. Wenn etwas Schönes in Ihr Leben tritt können Sie es lieben und im weitersten Sinne Nutzen daraus ziehen. Aber lassen Sie es auch gehen, wenn es „vorbei“ ist.“

Wie können Sie als Entrümpelungswilliger nun beginnen? Das 5-Punkte-Programm für „Messies“ (= Gerümpelsammler):

1.Machen Sie den “ Krempeltest“
Unterziehen Sie jedes Ding folgenden harten Fragen:

  • o Ist es nützlich?
  • o Löst es positive Gefühle aus?
  • o Liebe ich es?
  • Lautet die Antwort „nein“ – weg damit!

2. Sehen Sie ÜBERALL nachNicht vergessen: vor und hinter der Eingangstür, alle Durchgänge, Ecken, jede Lade, Küchenkästen, unter dem Bett, Keller, Dachböden, Handtaschen, Hosensäcken, AUTO (!),…

3. Stellen Sie genug Hilfsmittel bereit
Machen Sie aus Kartons und Säcken Unterabteilungen: Müll – Reparieren – Wiederverwerten ( = Verkaufen oder Verschenken)

4. Misten Sie auch geistiges Gerümpel aus
Bedenken Sie: Wer materielles Gerümpel hortet, hat auch „Müll“ in seinem Geist: Kritik- und Verurteilungssucht, ungelöste Konflikte, unterdrückte Gefühle, negatives Denken, Opferhaltung, …

5. Entsorgen Sie ebenso „Freunde“, die keine sind
Es gibt Kontakte, die nähren und solche die zehren. Entscheiden Sie, welche Beziehungen Sie in Ihrem Leben noch haben wollen und welche nicht. Eine große Ausmistaktion ist der Beginn eines neuen Lebens. Wenn es Ihnen gelingt sich von dem Ballast in Ihrer Wohnung zu lösen, haben Sie auch eine Riesenschritt in Richtung seelischer Freiheit getan.


Literatur:
Karen Kingston: “ Fengshui – gegen das Gerümpel des Alltags“, rororo Verlag